Mit einer Änderungsverordnung zu § 30 der Kommunalen Haushalts- und Kassenverordnung (KomHKV), die ab dem 1. Mai 2018 in Kraft tritt, hat das Ministerium des Innern und für Kommunales die UVgO sowie die VOB/A 2016 – mit Ausnahmen zu einzelnen Bestimmungen und landesspezifischen Sonderregeln  – im kommunalen öffentlichen Auftragswesen verpflichtend eingeführt.

Wir haben uns für Sie die wichtigsten Änderungen (auch im Hinblick auf Vergaben nach Maßgabe der VOB/A) angesehen und möchten zudem Nutzern des Vergabemarktplatz des Landes Brandenburg sowie Nutzern des Vergabemanagementsystems aus Brandenburg Hinweise zur Umsetzung in unseren Lösungen geben.

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Die wichtigsten Änderungen im Überblick

  • Die Änderungsverordnung setzt die UVgO sowie die VOB/A 2016 für den Bereich der Unterschwellenvergaben in Kraft.
  • Die Öffentliche Ausschreibung und beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb können zur Beschaffung von Liefer- und Dienstleistungen und (abweichend vom Wortlaut der VOB/A 2016) auch für Bauleistungen wahlweise und ohne Vorliegen weiterer Gründe gewählt werden.
  • Die Wertgrenzen im Bereich der Bauleistungen betragen unverändert für die Durchführung beschränkter Ausschreibungen 1.000.000 EUR (ohne Umsatzsteuer), für freihändige Vergaben 100.000 EUR (ohne Umsatzsteuer).
  • Bei Liefer- und Dienstleistungen sind bis zu einem geschätzten Auftragswert von 100.000 EUR wahlweise beschränkte Ausschreibungen oder Verhandlungsvergaben zulässig.
  • Bei Aufträgen bis 1.000 EUR kann auf einen Vergabevermerk verzichtet werden.
  • Der Einsatz elektronischer Mittel zur Information und Kommunikation bei Vergabeverfahren wird in das Ermessen der Vergabestelle gelegt. Soweit sie allerdings zum Einsatz kommen, gelten die Vorgaben der UVgO.

Die Änderungen des § 30 KomHKV im Detail

§ 30 KomHKV regelt auf Grundlage der Verordnungsermächtigung in § 107 Absatz 1 Nr. 6 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (BbgKVerf) das Vergaberecht unterhalb der europäischen Schwellenwerte für die Kommunen in Brandenburg.

30 Abs. 1 Satz 2 wird wie folgt neu gefasst: „Dem Abschluss von Verträgen über Lieferungen und Leistungen muss eine öffentliche Ausschreibung oder eine beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb vorausgehen, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen.“

Mit dieser Änderung wird das Regel/Ausnahme-Verhältnis zwischen öffentlichen und beschränkten Ausschreibungen mit Teilnahmewettbewerb aufgehoben. Auftraggebern steht es damit – analog der Vorgaben der UVgO – frei, zwischen den Verfahrensarten zu wählen, ohne dass es für die beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb des Vorliegens von Ausnahmetatbeständen bedarf, wie sie in § 3 Abs. 3 VOL/A vorgesehen waren.

30 Abs. 2 Satz 1 KomHKV wird wie folgt gefasst: „Verträge über Bauleistungen, für die der Vierte Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen nicht gilt, sind nach den Vorschriften der §§ 1 bis 20 und § 22 des ersten Abschnitts des Teils A der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) vom 1. Juli 2016 (BAnz AT 01.07.2016 B4) unter Beachtung der folgenden Maßgaben zu schließen:

  1. § 3a Absatz 1 VOB/A gilt mit der Maßgabe, dass neben der öffentlichen Ausschreibung auch die beschränkte Ausschreibung mit öffentlichem Teilnahmewettbewerb nach Wahl des öffentlichen Auftraggebers zur Verfügung steht;
  2. § 3a Absatz 2 Nummer 1 und Absatz 4 Nummer 6 Satz 2 VOB/A findet keine Anwendung;
  3. § 9c Absatz 1 Satz 2 VOB/A gilt mit der Maßgabe, dass auf Sicherheitsleistungen für die Vertragserfüllung nicht verzichtet werden muss, wenn die Auftragssumme 250 000 Euro ohne Umsatzsteuer unterschreitet.

Mit Abs. 2 Satz 1 werden die §§ 1 bis 20 und § 22 des ersten Abschnittes des Teils A der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A 2016) vom 1.7.2016 für den Bereich der Unterschwellenvergaben mit einigen Einschränkungen zur Anwendung gebracht.

Unverändert kommen die Vorgaben über die Nachprüfstellen (§ 21 VOB/A) und Baukonzessionen (§ 23 VOB/A) nicht zur Anwendung. Im Übrigen gelten für die Anwendung der VOB/A (2016) hiernach folgende Maßgaben:

Satz 1 Nr. 1: Abweichend von § 3a Absatz 1 VOB/A 2016 wird mit Nr. 1 vom Vorrang der öffentlichen Ausschreibung abgewichen und geregelt, dass dem öffentlichen Auftraggeber neben der öffentlichen Ausschreibung auch die beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb wahlweise zur Verfügung steht.

Satz 1 Nr. 2: Mit der Nichtanwendung von § 3a Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 2 VOB/A wird von den dort genannten Wertgrenzen abgewichen. Für die Zulässigkeit von beschränkten Ausschreibungen und freihändigen Vergaben gelten unverändert die in Abs. 2 Satz 2 der KomHKV genannten geschätzten Auftragswerte (ohne Umsatzsteuer).

Satz 1 Nr. 3: § 9c Absatz 1 Satz 2 VOB/A betrifft den Verzicht von Sicherheitsleistungen bis zu einer geschätzten Auftragssumme von 250.000 EUR.

Mit dem unveränderten Satz 2 behalten die im Rahmen des Konjunkturpakets II eingeführten Wertgrenzen ihre Gültigkeit.

In den Erläuterungen des Ministeriums wird allerdings darauf hingewiesen, dass die (verhältnismäßig hohen) Wertgrenzen für erleichterte Auftragsvergaben nicht von der Prüfung entbinden, ob für den konkret zu vergebenden Auftrag im Einzelfall ein grenzüberschreitendes Interesse am Auftrag (sog. „Binnenmarktrelevanz“) bestehen könnte. Sollte im Einzelfall ein Auftrag binnenmarktrelevant sein, bedarf es wegen der Geltung des europäischen Primärrechts und des damit ebenfalls einhergehenden Transparenzgebotes sowohl bei einer beschränkten Ausschreibung, als auch bei einer freihändigen Vergabe zumindest der Durchführung eines öffentlichen Teilnahmewettbewerbs.

Auch angesichts der Grenzlage des Landes Brandenburg zu Polen hat diese Einschränkung in der Vergangenheit – und wird auch für die Zukunft – in der Praxis eine hohe Relevanz bekommen.

Absatz 3 wird wie folgt geändert: a) Satz 1 wird wie folgt gefasst: „Verträge über Lieferungen und Dienstleistungen, für die der Vierte Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen nicht gilt, sind nach den Vorschriften der Unterschwellenvergabeordnung vom 2. Februar 2017 (BAnz AT 07.02.2017 B1) unter Beachtung der folgenden Maßgaben zu schließen:

  1. Abweichend von den Vorgaben gemäß § 7 Absatz 1 Satz 1, § 28 Absatz 1 Satz 1, § 29 Absatz 1 und 2, § 38 Absatz 2 bis 7 der Unterschwellenvergabeordnung, die die elektronische Information und Kommunikation betreffen, bestimmt der öffentliche Auftraggeber darüber, ob er das Vergabeverfahren mithilfe von elektronischen Informations- und Kommunikationsmitteln durchführt. Soweit sich der öffentliche Auftraggeber für eine elektronische Information oder Kommunikation entscheidet, gelten die in Satz 1 benannten Vorgaben der Unterschwellenvergabeordnung, die jeweilige elektronische Information und Kommunikation betreffend;
  2. § 22 Absatz 2 Satz 2 der Unterschwellenvergabeordnung gilt mit der Maßgabe, dass dem öffentlichen Auftraggeber eine Anwendung freigestellt ist;
  3. § 30 der Unterschwellenvergabeordnung gilt mit der Maßgabe, dass dem öffentlichen Auftraggeber eine Anwendung freigestellt ist;
  4. § 42 Absatz 1 Nummer 3 der Unterschwellenvergabeordnung gilt mit der Maßgabe, dass in Fällen eines Zweifels an Änderungen von Eintragungen des Bieters in seinem Angebot zunächst die Aufklärung angestrebt werden kann;
  5. § 46 Absatz 1 Satz 1 der Unterschwellenvergabeordnung gilt mit der Maßgabe, dass dem öffentlichen Auftraggeber eine Anwendung freigestellt ist;
  6. § 50 Satz 2 der Unterschwellenvergabeordnung gilt mit der Maßgabe, dass bis zu einem geschätzten Auftragswert von 100 000 Euro dem Wettbewerbsgrundsatz nach Satz 1 bereits Genüge getan ist, wenn der öffentliche Auftraggeber grundsätzlich mehrere, in der Regel drei Unternehmen zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert hat.

Zu Abs. 3 Satz 1: Durch die Streichung des Wortes „gewerbliche“ werden auch die freiberuflichen Leistungen umfasst. Der Anwendungsbefehl erfolgt entsprechend nicht mehr zur VOL/A, sondern zur UVgO.

Für die Anwendung der UVgO gelten die folgenden Maßgaben:

Satz 1 Nr. 1: Auf die in der UVgO verpflichtende stufenweise Einführung der elektronischen Vergabe wie im Oberschwellenbereich wird verzichtet. Entscheidet sich der öffentliche Auftraggeber für eine vollständige oder teilweise elektronische Durchführung des Vergabeverfahrens, sollen konsequenterweise auch die entsprechenden Vorgaben für deren Einsatz gelten.

Da die ganz überwiegende Zahl der Kommunen bereits den Vergabemarktplatz des Landes Brandenburg nutzt, dürfte diese Ausnahme in der Praxis kaum praktische Relevanz entfalten.

Satz 1 Nr. 2: § 22 Abs. 2 Satz 2 UVgO entspricht § 30 Absatz 2 VgV und sieht vor, dass der Auftraggeber die objektiven und nichtdiskriminierenden Kriterien in den Vergabeunterlagen angeben muss, die er bei der Vergabe von Losen anzuwenden beabsichtigt, wenn die Anwendung der Zuschlagskriterien dazu führen würde, dass ein einzelner Bieter den Zuschlag für eine größere Zahl von Losen als die Höchstzahl erhält.

Mit guten Gründen weist das Ministerium darauf hin, dass diese neue Transparenzanforderung mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden ist, weshalb die Anwendung für Kommunen in Brandenburg nicht verpflichtend sei.

Satz 1 Nr. 3: § 30 UVgO regelt die Informationspflichten (Ex-post-Bekanntmachung) nach der Durchführung von beschränkten Ausschreibungen und Verhandlungsvergaben ohne Teilnahmewettbewerb ab einem Auftragswert von 25.000 EUR. Eine Anwendung dieser Vorschrift für Liefer- und Dienstleistungen wird in das Ermessen der Kommunen gestellt.

Satz 1 Nr. 4: § 42 Abs. 1 Nr. 3 UVgO sieht einen zwingenden Ausschluss von Angeboten bei vorhandenen Zweifeln an Änderungen von Eintragungen des Bieters vor. Aus Sicht des Landes lassen sich solche Zweifel ggf. durch eine einfache Aufklärung ausräumen. Insoweit erscheint hiernach der zwingende Ausschluss eines solchen Angebots ohne die Möglichkeit einer Aufklärung als zu streng, weshalb diese Möglichkeit ausdrücklich eingeräumt wird.

Satz 1 Nr. 5: § 46 Abs. 1 Satz 1 UVgO regelt die unverzügliche Unterrichtungspflicht gegenüber jedem Bewerber und Bieter über den Abschluss einer Rahmenvereinbarung oder die erfolgte Zuschlagserteilung. Erleichternd wird auch diese zusätzliche Bekanntmachungspflicht in das Ermessen der Kommune gestellt.

Satz 1 Nr. 6: Nach dem Wortlaut des § 50 Satz 2 UVgO ist bei der Vergabe von freiberuflichen Leistungen so viel Wettbewerb zu schaffen, wie dies nach der Natur des Geschäfts oder nach den besonderen Umständen möglich ist. Dies bedeutet, dass der öffentliche Auftraggeber für jeden Einzelfall zu begründen hätte, warum ihm z. B. die Durchführung eines Teilnahmewettbewerbs nicht möglich ist. Dem öffentlichen Auftraggeber wird mit Satz 1 Nr. 6 ermöglicht, bis zu einem Auftragswert von 100.000 EUR von diesem Dokumentationserfordernis – wie bislang auch – abzusehen. Nach dem Wortlaut in Nr. 6 ist es zudem nicht notwendig, dass nach Angebotsaufforderung gegenüber mehreren Unternehmen tatsächlich auch mehrere Angebote beim Auftraggeber eingegangen sind.

Satz 2: Nach den Angaben des Landes haben sich auch für Liefer- und Dienstleistungen die erhöhten Wertgrenzen bewährt und sollen daher beibehalten werden.

Absatz 3 wird wie folgt geändert: In Satz 2 werden die Wörter „freihändige Vergabe“ durch das Wort „Verhandlungsvergabe“ ersetzt.

Die Bezeichnung „freihändige Vergabe“ wird in Anlehnung an die UVgO durch den Begriff der „Verhandlungsvergabe“ ersetzt.

In Absatz 4 wird die Angabe „500“ durch die Angabe „1 000“ ersetzt.

Die Regelung in Absatz 4 dient der Vereinfachung des Vergabeverfahrens bei Kleinstaufträgen. Die Anhebung der diesbezüglichen Wertgrenze von 500 EUR auf 1.000 EUR orientiert sich an dem in § 14 UVgO geregelten Direktkauf.

Folgende Absätze 6 und 7 werden angefügt:

(6) Bei der Inanspruchnahme von Fördermitteln treten an die Stelle der Absätze 1 bis 5 die förderrechtlichen Bestimmungen, sofern in diesen Abweichendes geregelt ist.

(7) Verträge über Konzessionen, für die der Vierte Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen nicht gilt, sind nach den Vorschriften des Brandenburgischen Vergabegesetzes in der jeweils geltenden Fassung zu vergeben.

Zu Abs. 6: Auf Grund der zum Teil abweichenden haushaltsrechtlichen Regelungen in Bezug auf die Vergabe von Aufträgen im Unterschwellenbereich soll klargestellt werden, dass bei einer Inanspruchnahme von Fördermitteln diejenigen Vergaberegelungen anzuwenden sind, die der Fördermittelgeber (etwa im Rahmen der Allgemeinen oder Besonderen Nebenbestimmungen) vorgibt.

Zu Abs. 7: Der neue Absatz 7 dient der Klarstellung, dass Konzessionen im Unterschwellenbereich zwar nicht vom Geltungsbereich des § 30 KomHKV – insbesondere auch nicht nach der UVgO – erfasst werden, wohl aber den Vorgaben des Brandenburgischen Vergabegesetzes unterliegen.

Anpassungen in Vergabemarktplatz und Vergabemanagementsystem

Die UVgO ist bereits in den beiden Kernmodulen Vergabemarktplatz und Vergabemanagementsystem umgesetzt und kann mandantenindividuell aktiviert werden.

Fristgemäß wurde für alle Mandanten die UVgO im Vergabemarktplatz des Landes Brandenburg aktiviert und steht damit allen Vergabestellen zur Nutzung zur Verfügung. Für Vergabestellen, die ergänzend die E-Vergabeakte und das Vergabemanagementsystem nutzen, wurden angepasste Konfigurationen zur Aktivierung der UVgO vorbereitet und zur Verfügung gestellt.

Da die Nutzung der vergaberechtlichen Erleichterungen (wie etwa Wertgrenzen oder die Gleichschaltung von öffentlicher und beschränkter Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb) in das Ermessen der jeweiligen kommunalen Auftraggeber gelegt wird und diese häufig im Rahmen der eigenen Beschaffungsrichtlinien und Vorgaben auch strengere Vorgaben etwa aus korruptionspräventiven Gründen vorsehen, erfolgt eine über die Aktivierung der UVgO hinausgehende Anpassung der individuellen Ausprägung nur nach Abstimmung mit der Vergabestelle.

Weitere Informationen

Die Neufassung des § 30 KomHKV sowie die offiziellen Erläuterungen des Landes finden Sie unter www.vergabe.brandenburg.de unter der Rubrik „Aktuelles“.

Titelbild: Leon Seibert – Unsplash