Im Ministerialblatt vom 03.07.2020 wurden Änderungen des bisherigen Runderlasses „Vergabegrundsätze für Gemeinden nach § 26 der Kommunalhaushaltsverordnung Nordrhein-Westfalen (Kommunale Vergabegrundsätze)“ vom 28. August 2018, der zuletzt durch Runderlass vom 29. März 2019 geändert worden war, veröffentlicht. Neu hinzugekommen ist insbesondere die explizite Aufnahme der Behandlung freiberuflicher Leistungen.

Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung in NRW (MHKBG NW) hat mit einem neuen Runderlass die bisherigen Vergabegrundsätze für Gemeinden überarbeitet. Die Änderungen umfassen neben Verweisen auf Gesetzestexte und redaktionellen Änderungen einen Verweis bezüglich freiberuflicher Leistungen auf §50 UVgO. Konkret werden nachfolgende Änderungen aufgenommen.

Allgemeine Bestimmungen

Nummer 4.1 wird dahingehend geändert, dass bei Aufträgen über Bauleistungen unterhalb des EU-Schwellenwertes folgende Teile der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen angewendet werden sollen:

Teil A: Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen (Abschnitt 1) in der jeweils geltenden Fassung,
Teil B: Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen in der jeweils geltenden Fassung und
Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen (ATV) in der jeweils geltenden Fassung.

Ergänzt wird der Hinweis, dass die VOB/A im Wesentlichen für Verträge über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung

a) eines Bauvorhabens oder eines Bauwerks für den öffentlichen Auftraggeber, das Ergebnis von Tief- oder Hochbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll, oder
b) einer dem öffentlichen Auftraggeber unmittelbar wirtschaftlich zugutekommenden Bauleistung, die Dritte gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen erbringen, wobei der Auftraggeber einen entscheidenden Einfluss auf Art und Planung der Bauleistung hat

gilt. Zudem wird ergänzend auf § 103 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen hingewiesen, aus dem die oben genannten Regelungen entnommen sind.

Bezüglich der Direktvergabe von Bauleistungen wird abweichend von § 3a Absatz 4 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A (Abschnitt 1) festgelegt, dass Bauleistungen bis zu einem voraussichtlichen Auftragswert von 15000 Euro ohne Umsatzsteuer unter Berücksichtigung der Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ohne die Durchführung eines Vergabeverfahrens beschafft werden dürfen.

Änderungen erfährt auch Nummer 5 des Runderlasses, der fortan klarer die Anwendung der UVgO für Liefer- und Dienstleistungen empfiehlt. Abweichend von § 14 UVgO wird dabei auch hier auf die Möglichkeit einer Direktvergabe von Liefer- und Dienstleistungen bis zu einem voraussichtlichen Auftragswert von 15000 Euro ohne Umsatzsteuer unter Berücksichtigung der Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ohne die Durchführung eines Vergabeverfahrens hingewiesen, wobei der Auftraggeber zwischen den beauftragten Unternehmen wechseln soll.

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Wertgrenzen bei Bauaufträgen

In Nummer 6 wurden neben der Eintragung, dass § 26 Absatz 1 der Kommunalhaushaltsverordnung Nordrhein-Westfalen die Verfahrensarten für die Vergabe öffentlicher Aufträge benennt, die Wertgrenzen wie folgt gefasst:

Abweichend von § 3a Absatz 2 Nummer 1 und Absatz 3 Nummer 2 der Vergabe- und Vertragsordnungen für Bauleistungen Teil A (Abschnitt 1) gelten demnach bei Bauleistungen die folgenden Wertgrenzen:

a) Eine beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb ist zulässig

  1. für jedes Gewerk bis zu einem vorab geschätzten Einzelauftragswert in Höhe von 750000 Euro ohne Umsatzsteuer oder
  2. bis zu einem vorab geschätzten Gesamtauftragswert in Höhe von 1250000 Euro ohne Umsatzsteuer.

b) Eine freihändige Vergabe ist hingegen zulässig

  1. für jedes Gewerk bis zu einem vorab geschätzten Einzelauftragswert in Höhe von 75000 Euro ohne Umsatzsteuer oder
  2. bis zu einem vorab geschätzten Gesamtauftragswert in Höhe von 125000 Euro ohne Umsatzsteuer.

Ergänzt wurde Nummer 6.4, wonach bis zum 31. Dezember 2021 für Bauleistungen zu Wohnzwecken sogar

  1. für jedes Gewerk eine beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb bis zu einem vorab geschätzten Einzelauftragswert in Höhe von 1000000 Euro und
  2. für jedes Gewerk eine freihändige Vergabe bis zu einem vorab geschätzten Einzelauftragswert in Höhe von 100000 Euro

erfolgen kann.

Eingefügt wurde zudem die erklärende Definition, dass gemäß der aktuellen Erlasslage des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat (Erlass zur Einführung der VOB/A Abschnitt 1, Ausgabe 2019 vom 20. Februar 2019 (GMBl. S. 86) sowie des Erlasses zur Auslegung von einzelnen Regelungen der VOB/A vom 26. Februar 2020 (GMBl. S. 279)) Bauleistungen zu Wohnzwecken solche sind, die der Schaffung neuen Wohnraums sowie der Erweiterung, der Aufwertung, der Sanierung oder Instandsetzung bestehenden Wohnraums dienen, wobei auch eine umweltbezogene Verbesserung wie die Erhöhung der energetischen Qualität u.a. mit zur Sanierung gezählt werden darf. […] Zudem zählen auch städtebauliche Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes (etwa die Sanierung oder der Umbau von Kindergärten und -tagesstätten) zu Wohnzwecken, für die demnach die höheren Wertgrenzen für Direktvergaben gelten.

Weitere Ausnahmetatbestände für eine beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb oder einer Verhandlungsvergabe bzw. freihändigen Vergabe (mit und ohne Teilnahmewettbewerb) im Sinne von § 3a der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A (Abschnitt 1) sowie § 8 Absatz 3 und § 8 Absatz 4 in Verbindung mit § 12 Absatz 3 der UVgO bleiben von den oben genannten Ergänzungen unberührt.

Vorgehen bei der Beschaffung freiberuflicher Leistungen

Neu hinzugekommen ist der Artikel 8 in Bezug auf freiberufliche Leistungen, der bisherige Artikel 8 wird fortan unter Artikel 9 geführt.

Für Aufträge über Leistungen, die im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit erbracht oder im Wettbewerb mit freiberuflichen Tätigkeiten angeboten werden, gilt demnach § 50 der UVgO, also die grundsätzliche Vergabe dieser Leistungen im Wettbewerb. Zudem wird in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit der Beachtung der allgemeinen Vergabeprinzipien nach Nummer 3 sowie auf die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit hingewiesen.

Ein Direktauftrag kann für Aufträge über freiberufliche Leistungen bis zu einem vorab geschätzten Auftragswert in Höhe von 25000 Euro (einschließlich Nebenkosten, ohne Umsatzsteuer) unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit direkt an einen geeigneten Bewerber vergeben werden.

Aufträge, deren vorab geschätzter Auftragswert größer als 25000 Euro ist, sind hingegen wie folgt zu behandeln:

Aufträge für Architekten und Ingenieure sind im Leistungswettbewerb zu vergeben. Sie können unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit allerdings noch bis zu einem vorab geschätzten Auftragswert in Höhe von 150000 Euro (einschließlich Nebenkosten, ohne Umsatzsteuer) nach Verhandlung mit nur einem geeigneten Bewerber vergeben werden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Aufforderung dieses Bewerbers zur Angebotsabgabe eine Abfrage über die Eignung im Sinne des § 122 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen bei mindestens drei möglichen Bewerbern vorausgegangen ist. Zudem muss der Bewerber, mit dem verhandelt werden soll, nach sachgerechten Kriterien ausgewählt werden. Die für die Auswahl maßgeblichen Erwägungen sind zu dokumentieren und bei der Ermittlung des voraussichtlichen Auftragswerts ist die ortsübliche Vergütung zugrunde zu legen. Zur Förderung von KMU sind Eignungskriterien sind außerdem so auszuwählen, dass auch kleinere Büroorganisationen und Berufsanfänger sich an der Ausschreibung beteiligen können.

Handelt es sich nicht um Aufträge für Architekten und Ingenieure bis zum geschätzten Auftragswert von 150000 Euro, so sind mindestens drei Bewerber aufzufordern ein Angebot in Textform abzugeben, wobei entsprechend einer Verhandlungsvergabe ohne Teilnahmewettbewerb gemäß § 12 der UVgO verfahren werden kann.

Auch bezüglich dieses Verfahrens besteht eine Dokumentationspflicht, zudem ist der Bewerberkreis regional zu streuen und regelmäßig zu wechseln.

Planungswettbewerbe können fortan auf den Gebieten der Raumplanung, des Städtebaus und des Bauwesens durchgeführt werden. Hierfür wird der gemeinsame Runderlass des Ministeriums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr und des Finanzministeriums „Richtlinie für Planungswettbewerbe“ vom 15. Mai 2014 (MBI. NRW. S. 311), der am 31. Dezember 2019 außer Kraft getreten ist, zur Anwendung empfohlen.

Der Runderlass ist mit Veröffentlichung in Kraft getreten und wird am 31. Dezember 2021 außer Kraft treten. Den aktuellen Runderlass können Sie unter diesem Link einsehen.

Bildquelle: Wappenzeichen NRW