Die „neue“ VOB/A 2019 (Abschnitt 1) gilt im Unterschwellenbereich nun bereits seit einem Jahr für Bundesbehörden, seit dem Sommer letzten Jahres sind zudem im Oberschwellenbereich die Abschnitte 2 und 3 der VOB/A 2019 anzuwenden. Wie oftmals, zeigt sich auch hier in der praktischen Anwendung, dass der Teufel im Detail steckt, sodass sich zahlreiche Fragen bei der Anwendung der Neuregelungen ergeben haben, auf die das BMI nun mit einem Erlass reagiert hat.

Keinen Beitrag mehr verpassen? Jetzt für unseren Newsletter anmelden und Themen auswählen

Ihre Anmeldung konnte nicht gespeichert werden. Bitte versuchen Sie es erneut.
Ihre Anmeldung war erfolgreich.

Am 26.02.2020 hat das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) einen zehn Punkte behandelnden Erlass zur Auslegung und Anwendung einzelner Regelungen der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen/Teil A (VOB/A 2019) veröffentlicht. Mit Bezug auf die Inkraftsetzung der überarbeiteten VOB/A 2019 hat das Ministerium damit Hinweise und Hilfestellungen kommuniziert, die sich auf Erfahrungen und aufgetretene Fragen bei der Anwendung der neuen Verordnung beziehen.

Konkret beinhaltet der Erlass folgende Abschnitte bzw. widmet sich insbesondere den folgenden Aspekten:

Zulässigkeit der Freihändigen Vergabe und des Direktauftrags (§ 3a Abs. 2 – 4 VOB/A)

  • Wenn bei der Freihändigen Vergabe die Beauftragung von mehr als einem Bieter in Betracht kommt, sind in der Regel Vergleichsangebote einzuholen, es sei denn, dass die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots anderweitig sichergestellt werden kann, etwa, weil die aktuell geforderten Preise für eine Leistung wegen kurz zuvor durchgeführter Vergabeverfahren bekannt sind oder weil lediglich ein Bieter Interesse bekundet, jedoch kein kalkuliertes Angebot abgeben möchte und der geforderte Gesamtpreis Erfahrungswerten entspricht.
  • Bei einem Direktauftrag müssen keine Vergleichsangebote eingeholt werden.
  • Die Wertgrenzen für die Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb, für die Freihändige Vergabe und für den Direktauftrag sind auftragsbezogen und nicht projektbezogen zu verstehen. Die sachlich nicht begründete Aufteilung eines Gesamtauftrags in mehrere Einzelaufträge zur Unterschreitung der jeweiligen Wertgrenze bleibt unzulässig.
  • Hinsichtlich des Begriffs Wohnzwecke wird auf den Erlass des BMI v. 20.02.2019 (GMBl. 2019, 86) verwiesen.

Mehrere Hauptangebote (§ 8 Abs. 2 Nr. 3 VOB/A)

  • Grundsätzlich zugelassen ist die Abgabe mehrerer Hauptangebote (auch wenn diese sich nur im Preis unterscheiden), wenn keine belastbaren Anhaltspunkte für missbräuchliches Bieterverhalten vorliegen. Gleichwohl besteht die Möglichkeit, mehrere Hauptangebote direkt zu Beginn des Verfahrens und in Gänze auszuschließen.

Elektronische Kommunikation (§ 11 VOB/A)

  • Der Auftraggeber hat ein Wahlrecht zwischen der elektronischen Kommunikation und der Kommunikation in Papierform. Entscheidet sich der Auftraggeber für die Kommunikation in Papierform, kann er gleichwohl Teile des Vergabeverfahrens über eine E-Vergabeplattform abwickeln.

Geschäftsjahre im Rahmen der Eignungsprüfung (§ 6a Abs. 2 Nr. 1 VOB/A)

  • Um den Umsatz eines Bieters für die letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre zu erheben, sind die letzten drei Geschäftsjahre heranzuziehen, wobei das Geschäftsjahr nicht zwangsläufig dem Kalenderjahr entsprechen muss.

Nachfordern von Unterlagen (§ 16a Abs. 1 VOB/A)

  • Nicht nur bei formellen Fehlern ist eine Nachforderung fehlerhafter unternehmensbezogener Unterlagen möglich. Alle geforderten unternehmensbezogenen Unterlagen können nachgereicht, vervollständigt oder korrigiert werden.

Nachfordern von Preisen in unwesentlichen Positionen (§ 16a Abs. 2 VOB/A)

  • Bezüglich der Feststellung, ob es sich bei einer Preisinformation um eine unwesentliche Position handelt, soll wie folgt vorgegangen werden:

In einem ersten Schritt wird der Rang des Angebots ermittelt, indem alle Angebotssummen unter Außerachtlassung der Position mit dem fehlenden Preis errechnet werden. Anschließend wird der höchste von anderen Bietern angebotene Preis in die offene Position eingesetzt und die so ermittelte fiktive Angebotssumme den (vollständigen) Angeboten der anderen Bieter gegenübergestellt. Wenn sich der Rang des mit einem unvollständigen Preisblatt versehenen Angebots hierdurch nicht verändert, bleibt dieses Angebot in der Wertung, andernfalls muss es zwingend ausgeschlossen werden, da es sich ansonsten um eine wesentliche Preisposition handelt. Im ersteren Fall ist der Bieter dazu aufzufordern, die Preisposition(en) zu ergänzen.

Vergabe im Ausland (§ 24 VOB/A)

  • Bezüglich des Begriffs der „Auslandsdienststellen“ wird klargestellt, dass sich dies nicht auf Auslandsvertretungen und Behörden, sondern auch auf gleichgelagerte Einrichtungen wie die Goethe-Institute, Forschungsinstitutionen und deutsche Auslandsschulen als Auslandsdienststellen bezieht. Im Übrigen haben gleichgelagerte Institutionen bei Liefer- und Dienstleistungsvergaben den höheren Schwellenwert für sonstige öffentliche Auftraggeber anzuwenden.

Darüber hinaus werden noch weitere Hinweise gegeben, die auf den Bürokratieabbau abzielen. So wird klargestellt, dass das Fehlen einer BImA-Nummer (FB 213 VHB) nicht zum Angebotsausschluss führt und bezüglich fehlender Arbeitskarten (FB 242 VHB) das Nachforderungsverbot aufgehoben ist. Zudem wird erläutert, dass bei Diskrepanz der Angaben zum Nachunternehmereinsatz im Angebot (also bei abweichender Angabe bezüglich des Einsatzes von Nachunternehmen im Angebotsschreiben und in den Formblättern zur Preisermittlung) entsprechend eine Nachreichung des Nachunternehmerverzeichnisses oder eine Korrektur des Preisermittlungsblattes einzufordern ist.

Den vollständigen Erlass finden Sie unter diesem Link.

Bildquelle: Canstockphoto – Kuzmaphoto