Hendrik Wüst, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen und Mona Neubaur, Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen in Nordrhein-Westfalen.

CDU und Grüne in Nordrhein-Westfalen haben am heutigen Donnerstag ihre Koalitionsvereinbarung vorgestellt. Neben dem Fokus auf Nachhaltigkeit bekennt sich die Koalition auch zur weiteren Digitalisierung der Beschaffung sowie zum Innovation Procurement.

Knapp zwei Wochen nach dem Beginn der Koalitionsverhandlungen, denen Sondierungsgespräche vorausgegangen waren, haben CDU und Grüne den Entwurf ihres Koalitionsvertrags in Düsseldorf vorgestellt. Der als „Zukunftsvertrag“ betitelte Text, der bereits am kommenden Wochenende den Parteitagen zur Abstimmung vorgelegt wird, enthält eine Reihe vergaberechtlicher Vorhaben.

Vereinfachung und Beschleunigung

Die schwarz-grüne Koalition schließt sich dem Trend zur Vereinfachung des Vergaberechts an: Die öffentliche Auftragsvergabe will sie „weiter verbessern und vereinfachen“. Zu oft sei bei der öffentlichen Vergabe der Preis das einzige Zuschlagskriterium. Das benachteilige KMU und innovative und klimafreundliche Produkte.

Besonders das Kapitel zur Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung trägt diese Handschrift, wie schon die Überschrift ausdrückt. Behördliche Entscheidungs-, Genehmigungs- und Prüfungsprozesse – insbesondere mit Blick auf erneuerbare Energien, die Verkehrsinfrastruktur, Digitalisierung und den Bau – will die Koalition „standardisieren, vereinfachen, verkürzen, verpflichtend digitalisieren und soweit möglich automatisieren“.

Recht konkret wird der Text dazu an mehreren Stellen: Wie schon der Entschließungsantrag im Bundesrat vom April dieses Jahres (wir berichteten), zum Ausdruck brachte, soll durch eine stärkere Verzahnung von Planung und Bau durch Funktionalausschreibungen oder Mischlosvergaben der Planungs-, Ausschreibungs- und Bauaufwand reduziert werden.

Auf europäischer Ebene will die Koalition zudem auf schnellere und einfachere Planungs- und Vergabeverfahren bei der Umsetzung von Anlagen zur Gewinnung Erneuerbarer Energien hinwirken.

Geprüft werden soll, „ob und inwieweit weitere Erleichterungen mit Blick auf die jüngsten krisenhaften Entwicklungen geschaffen werden können“. Gemeint sind hier zweifellos Pandemie und Flutkatastrophe sowie der russische Angriffskrieg mit ihren Folgen auch für die öffentliche Beschaffung, über die wir vielfach berichteten.

Nachhaltigkeit, Tariftreue, soziale Kriterien

Wie bei grüner Regierungsbeteiligung zu erwarten, zieht sich Nachhaltigkeit als „grüner“ Faden durch den Text. So sollen bei neuen IT-Beschaffungen Zertifizierungen wie der Blaue Engel Standard werden.

Zudem will die Koalition die Landesregierung als Vorbild und Beratungsinstanz für Kommunen (siehe unten) etablieren. So wird die Fortbildung und Beratung von Vergabestellen bei der Bevorzugung tarifgebundener Firmen angekündigt. Hierzu sollen– wo erforderlich – neue Regeln geschaffen werden.

Unter der Überschrift Steuern und Einnahmen und mit Blick auf die Bekämpfung von Steuerkriminalität vereinbaren CDU und Grüne, dass Unternehmen, bei denen der wirtschaftliche Eigentümer nicht ermittelt werden kann, von öffentlichen Ausschreibungen und Vergaben ausgeschlossen werden sollen.

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Kommunen

Viel Raum hinsichtlich Beschaffung und Vergabe räumen die Koalitionäre den Kommunen ein. So sollen Städte und Gemeinden bei Ausschreibungen in Bezug auf Nachhaltigkeit, Tariftreue und soziale Kriterien unterstützt werden, Pilotkommunen sollen ihr Wissen an andere weitergeben.

Die kommunalen Vergabegrundsätze – vorbildlich für Deutschland, wie die Koalitionäre betonen – sollen über das Jahr 2022 hinaus verlängert und zu einer Rechtsverordnung fortentwickelt werden.

In einer Landesinitiative gegenüber dem Bund will die Koalition überdies bewirken, dass die EU-Oberschwellen – „nach Jahren des Absinkens“ – erhöht werden, so dass Kommunen mit der Vergabe öffentlicher Aufträge Unternehmen und Beschäftigung stützen können.

vergabe.NRW und Digitalisierung

Auch das Portal zum öffentlichen Auftragswesen, vergabe.NRW, wird explizit aufgegriffen. CDU und Grüne wollen es „zum zentralen digitalen Portal für das gesamte Beschaffungswesen“ weiterentwickeln. Das Land solle darüber seine Einkaufsmacht einsetzen, um Technologien und Innovationen insbesondere von Startups zu nutzen und so zu fördern. Ausschreibungen sollen „nutzerorientierter, technologieoffener und dabei weiterhin rechtssicher“ gestaltet werden. Erforderliche rechtliche Anpassungen kündigt die Koalition an.

So geht ging es weiter

CDU und Grüne haben den Vertragsentwurf auf ihren Parteitagen jeweils gebilligt. Am 28. Juni wurde Hendrik Wüst vom Landtag zum Ministerpräsidenten gewählt und hat am Folgetag die Ministerinnen und Minister seiner Regierung, den Parlamentarischen Staatssekretär im Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung sowie die Staatssekretärinnen und Staatssekretäre vorgestellt.

Bildrechte

  • Wüst: Land NRW / Tobias Koch
  • Neubauer: CC BY-SA 2.0
  • Montage: cosinex