Inwieweit können öffentliche Auftraggeber bei dem Einkauf von Leistungen und Waren einen Beitrag zum Klimaschutz leisten? Was bedeutet dies für das Vergaberecht und die Vergabeverfahren? Christian Heuking beleuchtet in einem Gastbeitrag mögliche Fallstricke.

Dieser Beitrag ist zuerst in der Ausgabe 93 (Dezember 2021) des Magazins „Scheinwerfer“ erschienen, herausgegeben von Transparency International. Eine PDF-Version des Magazins finden Sie unter diesem Link. Der Autor Christian Heuking ist Rechtsanwalt und Fachexperte für Wirtschaftsstrafrecht aus Düsseldorf. Er leitet die Arbeitsgruppe Vergabe von Transparency Deutschland.

Öffentliche Aufträge werden vergeben, um den Bedarf des Staates zu decken, also von Bund, Ländern, Kommunen sowie deren Untergliederungen. Der Staat beschafft Fahrzeuge oder Büromaterialien, baut Verwaltungsgebäude, bezieht Energie und Dienstleistungen. All diese Maßnahmen haben in unterschiedlichem Umfang Auswirkungen auf Umwelt und Klima.

Aus Gründen des Klimaschutzes können bei der Beschaffung alle Stufen eines Produktes in den Blick genommen und solche Produkte bevorzugt werden, die unter schonender Inanspruchnahme der natürlichen Lebensgrundlagen produziert und verwendet werden, die nach Gebrauch entweder wiederverwertet oder sicher entsorgt werden können. Das Potential klimabezogener Aspekte ist auch bei der Beschaffung nahezu unerschöpflich.

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Umweltbezogene Kriterien in die Vergabe einbringen

In rechtlicher Hinsicht bestimmt das Vergaberecht, dass öffentliche Aufträge im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren zu vergeben sind. Zum Abschluss ist der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Den Zuschlag erhält der Bieter, der die vorgegebenen Zuschlagskriterien am besten erfüllt. Dazu können auch umweltbezogene Aspekte gehören, die aber schon bei der Ausschreibung festzulegen sind.

Klimabezogene Aspekte können also bei der Beschaffung berücksichtigt werden. Allerdings müssen die umweltbezogenen Anforderungen dem Wettbewerb unterstellt werden. Dazu müssen sie transparent in das Verfahren eingebracht werden, um sie später bei der Entscheidung über den Zuschlag berücksichtigen zu können. Es ist kaum möglich, bei der Erteilung des Zuschlags von den vorher getroffenen Kriterien abzuweichen.

Das stellt die Praxis vor Herausforderungen. Nur selten gibt es konkrete Vorgaben wie das Saubere- Fahrzeug-Beschaffungsgesetz aus dem Juni dieses Jahres, das Standards festlegt. Erforderlich sind Fachwissen und Marktkenntnis. Denn nur wem klar ist, was technisch möglich ist, was das kostet und ob es genügend Unternehmen gibt, die diese Leistung zuverlässig erbringen können, kann diese einem möglichst breiten Wettbewerb unterstellen. Wird eine unmögliche Leistung ausgeschrieben oder sprengen die Angebote wegen zu hoher Anforderungen das öffentliche Budget, muss die Ausschreibung aufgehoben und neu aufgesetzt werden.

Fachwissen nötig

Die Vorbereitung solcher Verfahren verursacht in der Praxis einen hohen Aufwand. Gerade die Politik erachtet es oftmals für vorzugswürdig, für eine Lockerung der Vergaberegeln zu plädieren. Es soll am besten nur mit ausgewählten Unternehmen über innovative Lösungen verhandelt werden. Dies bedeutet dann aber auch, dass sich der öffentliche Auftraggeber seine Meinung erst im Laufe eines Verfahrens bildet, in dem er mit den von ihm angesprochenen Auftraggebern spricht.

Die Unternehmen haben in solchen Verhandlungen regelmäßig einen Wissensvorsprung. Es fehlen Transparenz und Verbindlichkeit der Zuschlagskriterien. Erfahrungsgemäß wird so schlecht und teuer beschafft. Zudem werden andere Unternehmen benachteiligt. Dem Wettbewerb ist ein solches Vorgehen abträglich.

Für das für Transparency Deutschland zentrale Thema der Korruptionsprävention liegt das Dilemma auf der Hand: Lockerungen auf der Ebene der Vergaberegeln bilden Einfallstore für Korruption. Verhandelt der öffentliche Auftraggeber unter Ausschluss anderer Unternehmen, sind die Entscheidungen im Nachhinein kaum zu kontrollieren. Der Korruption sind in solchen Konstellationen Tür und Tor geöffnet.

Die öffentlichen Auftraggeber müssen daher ihre Kompetenz schärfen und Fachwissen entwickeln. Dies geschieht am besten dadurch, dass in der Verwaltung entsprechende Stellen geschaffen werden, die den öffentlichen Auftraggebern bei der Festlegung des Auftragsgegenstandes beratend zur Seite stehen.

Schwerpunkt Korruption und Vergabe im cosinex Blog

Dieser Beitrag ist Teil unserer Artikelreihe zum Thema Korruption im Zusammenspiel mit Vergabe und öffentlicher Beschaffung. Bereits erschienen ist unsere Meldung zum aktuellen Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International. In Kürze erscheint ein Interview mit Christian Heuking, den Verfasser dieses Beitrags.

Titelbild: Wirat Namkate – EyeEm