Ein Bieter ist nicht allein aus einem Vergabeverfahren auszuschließen, weil er die Tochtergesellschaft eines US-amerikanischen Unternehmens als Hosting-Dienstleisterin einbinden will. Mit dieser Aussage hat der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe eine entgegenstehende Entscheidung der Vergabekammer Baden-Württemberg aufgehoben.

Vergabekammer Baden-Württemberg: Ausschluss aus Datenschutzgründen

Zuvor hatte die Vergabekammer Baden-Württemberg mit einem Beschluss für Aufsehen gesorgt, wonach die die Tochter eines US-Unternehmens aus Datenschutzgründen vom Vergabeverfahren auszuschließen sei.

Im konkreten Fall, bei dem es um die Beschaffung von Software, Lizenzen und Support ging, hat eine unterlegene Bieterin zunächst die Auftragserteilung gerügt und nach der Rügezurückweisung einen Nachprüfungsantrag gestellt.

Darin forderte sie den Ausschluss des bezuschlagten Angebots, weil die Erbringung von Server- und Hosting-Leistungen durch eine Tochtergesellschaft erfolge, deren Konzernunternehmen in Drittstaaten ansässig sei. Dies stelle einen Verstoß gegen die allgemeinen Grundsätze der Datenübermittlung nach Art. 44 ff. der DSGVO dar. Unabhängig von der geografischen Speicherung der Daten liege eine Zugänglichmachung oder Abrufbarkeit von personenbezogenen Daten aus einem Drittland vor.

Mit Beschluss vom 13.07.2022 (Az. 1 VK 23/22) vertrat die Vergabekammer Baden-Württemberg die Auffassung, dass der Nachprüfungsantrag zulässig und begründet sei: Das Angebot sei gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV aus dem Vergabeverfahren auszuschließen, da es aufgrund des Einsatzes besagter Tochtergesellschaft gegen die Art. 44 ff. DSGVO verstoße und damit nicht den Anforderungen aus den Vergabeunterlagen entspreche. Überdies habe die Firma, die den Zuschlag bekommen sollte, die Vertragsunterlagen durch zwei Ergänzungen derart verändert, dass sie – anders als in der Ausschreibung gefordert – keine mit dem anwendbaren Datenschutzrecht zu vereinbarende Leistungserbringung anbiete.

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OLG Karlsruhe: Etwaige Zweifel seien zu prüfen

Die Entscheidung war noch nicht rechtskräftig und wurde am Mittwoch durch das OLG Karlsruhe aufgehoben (Beschluss vom 7.9.2022, Aktenzeichen: 15 Verg 8/22). Demnach sei im Rahmen der Nachprüfung einer Vergabeentscheidung grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Bieter seine vertraglichen Zusagen erfüllen wird.

Würden sich aufgrund konkreter Anhaltspunkte Zweifel daran ergeben, so müsse der öffentliche Auftraggeber ergänzende Informationen einholen und die Erfüllbarkeit des Leistungsversprechens prüfen.

Im jetzt entschiedenen Fall hätte die Anbieterin jedoch eindeutige Zusicherungen zu dem Inhalt des Vertrags zwischen ihr und der luxemburgischen Holding-Dienstleisterin gemacht. Danach dürften Daten ausschließlich an diese luxemburgische Gesellschaft übermittelt und ausnahmslos von ihr und nur in Deutschland verarbeitet werden.

Es bestehe auf dieser Grundlage ein berechtigtes Vertrauen darauf, dass die Anbieterin diese Vorgaben auch in ihrem Verhältnis zur Hosting-Dienstleisterin vertragsgemäß umsetzen wird und es sei nicht damit zu rechnen, dass die luxemburgische Gesellschaft vertragswidrige und gegen europäisches Recht verstoßende Weisungen befolgen und personenbezogene Daten in die USA übermitteln wird.

Titelbild: CFPhotosin Photography – Unsplash