Jedermann-Wappen des Landes Schleswig-Holstein

Auf Grundlage eines jüngst im Landtag beratenen Entwurfes für ein neues, schlankes und mittelstandsfreundliches Vergabegesetz in Schleswig-Holstein soll das bestehende Tariftreue- und Vergabegesetz (TTG) neu gefasst werden. Mit dem Gesetz soll unter anderem die Möglichkeit für kleinere Betriebe verbessert werden, an öffentlichen Ausschreibungen teilzunehmen.

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Der Vergabemindestlohn soll dabei auf 9,99 Euro festgelegt und später durch den bundesweiten Mindestlohn abgelöst werden, wenn dieser auf einen Wert oberhalb dieses vergabespezifischen Mindestlohns steigt. Die Landesregierung will im Rahmen der Entbürokratisierung zudem auf die Vorgabe sozialer Kriterien verzichten, andererseits bei Beschaffungen durch das Land aber stärker ökologische und innovative Kriterien in den Vordergrund rücken. Des Weiteren soll der „Qualität“ bei der Aufstellung der Zuschlagskriterien eine größere Bedeutung zukommen, wobei der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit hierdurch unberührt bleibt.

Die Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein folgt damit dem in Nordrhein-Westfalen begonnenen Trend, bestehende landesrechtliche Regelungen zu den – ehemals als vergabefremde Kriterien – bezeichneten Vorgaben in puncto ökologische Beschaffung oder Berücksichtigung sozialer Standards u.a. mit dem Argument wieder abzuschaffen, dass in vielen Bereichen mit der Reform der Oberschwellenvergabe und Umsetzung der EU-Richtlinie sowie auch der neuen UVgO viele Aspekte bereits bundeseinheitlich geregelt wurden.

Mit der Verabschiedung des neuen Gesetzesentwurfs wäre auch der Weg für eine zeitnah folgende Umsetzung der Unterschwellenverordung (UVgO) in Schleswig-Holstein geebnet, die in anderen Bundesländern wie Bayern, Brandenburg (für den Kommunalbereich) oder Nordrhein-Westfalen (für den Landesbereich) bereits erfolgt ist.

Die Wirtschaftsverbände in Schleswig-Holstein (wie die IHK und die Handwerkskammer) zeigen sich angesichts der angestrebten Gesetzesnovelle insbesondere aufgrund der Erleichterungen im Bereich der Verpflichtungserklärung (beispielsweise der Wegfall des Tariftreue-Nachweises oder die Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen) zufrieden, verwiesen aber gleichzeitig auf weitere Aspekte:

  • Fortführung der bestehenden Wertgrenzenregelung, die sich im Einklang mit den nördlichen Bundesländern Hamburg, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern befindet und insbesondere in den angesprochenen Bundesländern zeitlich unbefristet ist.
  • Zügige „1:1“ Umsetzung der (Bundes-)UVgO, damit sich die am öffentlichen Markt aktiven Unternehmen bei länderübergreifender Akquise nicht auf unterschiedliche Vergabeordnungen einstellen müssen.
  • Verpflichtende E-Vergabe bei Umsetzung der UVgO, d. h. eine durchgängig elektronische Kommunikation bei öffentlichen Aufträgen im Unterschwellenbereich, ggf. mit erweiterten Übergangsfristen.
  • Einführung einer landesweit einheitlichen und für Unternehmen kostenfreien E-Vergabeplattform (wie u.a. in Brandenburg oder Nordrhein-Westfalen)

Kritik am Wegfall von Nachhaltigkeitskriterien

Massive Kritik am geplanten Wegfall ökologischer Vorgaben und sozialer Mindeststandards gab es von Verbänden und Gewerkschaften. So fand am vergangenen Donnerstag eine Demonstration vor dem Kieler Landtag statt, zu der Gewerkschaften und das Bündnis Eine Welt Schleswig-Holstein e.V. aufgerufen hatten.

Fortbildung zur UVgO

Im Rahmen unserer Akademie bieten wir eine Fortbildungsreihe zur UVgO für Vergabepraktiker an. Abhängig vom Teilnehmerkreis gehen unsere Referenten auch auf geplante bzw. bestehende landesrechtliche Besonderheiten ein. Aktuelle Termine finden Sie unter diesem Link.