Um den direkten Folgen der Pandemie für die Wirtschaft in Rheinland-Pfalz entgegenzuwirken hat nun auch das Land Rheinland-Pfalz die Auftragswertgrenzen für weniger förmliche Vergabeverfahren temporär angehoben. Die neuen Wertgrenzen gelten vorerst bis zum 31.12.2020.

Die Regelungen, die als einheitliche Richtlinie im Sinne des § 55 Abs. 2 LHO sowie als Grundsätze und Richtlinien im Sinne des § 22 GemHVO seit dem 1.07.2020 gelten, haben vor gegebenenfalls entgegenstehenden Regelungen in Verwaltungsvorschriften oder Rundschreiben Vorrang. Sie gelten zudem gleichermaßen für Zuwendungsempfänger (§§ 23, 44 LHO), die die VOB/A und VOL/A nach den zuwendungsrechtlichen Bestimmungen und Festlegungen anzuwenden haben.

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Durch das Rundschreiben sind insbesondere die Grenzwerte für Beschränkte Ausschreibungen und Freihändige Vergaben, sowohl im Bereich der VOB/A, als auch im Bereich der VOL/A modifiziert worden. Im Einzelnen gelten fortan die folgenden erhöhten Grenzwerte:

  • Für Bauleistungen nach VOB/A kann die Verfahrensart Beschränkte Ausschreibung nun bis zu einem geschätzten Auftragswert (ohne Umsatzsteuer) in Höhe von 1.000.000 EUR gewählt werden. Bislang galten hier 200.000 EUR.
  • Die Freihändige Vergabe kann bei Bauleistungen bis zu einem Auftragswert von 100.000 EUR als Verfahrensart gewählt werden, bislang lag der Grenzwert bei 40.000 EUR
  • Bei Liefer- und Dienstleistungen nach VOL/A galt bislang eine Obergrenze von 80.000 EUR, die nun auf 100.000 EUR erhöht wurde.
  • Hinsichtlich der Freihändigen Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen wurde der Grenzwert ebenfalls auf 100.000 EUR erhöht, sodass Auftraggeber im Bereich der Liefer- und Dienstleistungen bis 100.000 EUR frei zwischen der Beschränkten Ausschreibung und der Freihändigen Vergabe wählen können. Bei der Freihändigen Vergabe lag der Grenzwert im VOL/A Bereich zuvor bei 40.000 EUR.

Sonstige Grundsätze des Wettbewerbs, der Transparenz und der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bleiben dabei unberührt. Sowohl bei der Beschränkten Ausschreibung als auch bei der Freihändigen Vergabe ist außerdem weiterhin vor Aufforderung zur Angebotsabgabe die generelle Eignung der Unternehmen zu prüfen. Dabei wird darauf verwiesen, dass zum Nachweis der Eignung in der Regel Eigenerklärungen der Unternehmen als Nachweise genügen. Sämtliche Regelungen für Vergaben oberhalb der EU-Schwellenwerte bleiben unverändert.

Wie bereits die Länder Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen hat damit auch das Land Rheinland-Pfalz im Bereich des öffentlichen Auftragswesens auf die Corona-Krise reagiert, wenngleich die geänderten Bestimmungen hier mit einer vergleichsweise starken Erhöhung der Grenzwerte einhergehen.

Abzuwarten bleibt, ob die Regelungen vor dem Hintergrund eines etwaigen Andauerns der Krise gegen Jahresende verlängert werden oder ab 2021 wieder die alten Werte zum Einsatz kommen. Da die Regelungen pauschal für sämtliche Ausschreibungen und nicht nur für solche mit Corona-Bezug (also bspw. die Beschaffung von Schutzmasken) gelten, wird zumindest für das verbleibende Jahr interessant zu beobachten sein, inwieweit die Regelungen zu einer Veränderung der Beschaffungspraktiken oder sogar einem Vorziehen von für das kommende Jahr geplanten Beschaffungen in dieses Kalenderjahr führen werden.

Bildquelle: Wappenzeichen Rheinland-Pfalz