Bild zu Äpfel mit Birnen vergleichen

Die Auswahl der richtigen Wertungsmethode stellt Vergabepraktiker immer wieder vor Herausforderungen. In Ergänzung zu unserer Beitragsreihe gibt der folgende Beitrag eine Zusammenfassung zu den zentralen Einflussfaktoren. Ergänzt werden diese durch eine Infografik, die einen etwas anderen Zugang zu Prozessen bietet und verdeutlicht, wie zentral die Auswahl der richtigen Wertungsmethode für das gesamte Vergabeverfahren ist.

Der Autor

Dr. Stefan Marinus Krusenbaum ist promovierter Wirtschaftswissenschaftler und verantwortet das Controlling der cosinex. Der der Experte für Wertungsmethoden bietet das beliebte Seminar Grundlagen und Auswahl geeigneter Wertungsmethoden in der cosinex Akademie an.

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Die meist nur vermeintlich zielführende Praktik, lediglich den Preis als alleiniges Wertungskriterium zu berücksichtigen, führt bei voneinander abweichenden Leistungsniveaus der einzelnen Angebote dazu, dass wesentliche Kriterien unbeachtet bleiben und der Zuschlag letzten Endes nicht wie von § 127 Abs. 1 Satz 1 GWB gefordert auf das wirtschaftlichste, sondern lediglich auf das günstigste Angebot erteilt wird.

Da dies häufig nicht den Anforderungen an die Leistung entspricht, sollten Vergabepraktiker bestenfalls auch qualitative Leistungskriterien in die Wertung aufnehmen, wenn Leistungsunterschiede absehbar sind. Dafür spricht nicht nur, dass dergestalt die Wertung von Qualitätsunterschieden überhaupt möglich ist, sondern auch, dass die alleinige Wertung des Preises ansonsten ein detailliertes Leistungsverzeichnis erfordert (die Vergabestelle den potentiellen Bietern also vorzugeben hat, wie der Ausschreibungsgegenstand beschaffen sein muss). Grade bei erstmaligen Ausschreibungen fehlt häufig das notwendige Know-how, die zu erbringende Leistung so exakt zu beschreiben, dass keine wesentlichen Leistungsunterschiede zwischen den übermittelten Angeboten mehr zu erwarten sind.

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Infografik zur Veranschaulichung der Auswahl der geeigneten Wertungsmethode

Die Berücksichtigung von Leistungskriterien zur Bewertung unterschiedlicher Leistungsniveaus der Angebote führt zur Fragestellung, aus welchen „Klassen von Wertungsmethoden“ der Vergabepraktiker im konkreten Fall eine bestimmte Methode auswählen sollte.

In der vorgenannten Beitragsreihe wurden diese Wertungsklassen bereits detaillierter vorgestellt und miteinander verglichen.

  • Teil 1 befasst sich neben einer Einführung mit der Wertungsmethode niedrigster Preis.
  • Teil 2 gibt einen Überblick über die Methoden der Wertungsklasse Preis-Kriterien-Gewichtungen.
  • Teil 3 analysiert die Wertungsklasse der Richtwert-Methoden.
  • Teil 4 stellt weitere, im Bereich des öffentlichen Auftragswesens noch nicht gängige, Wertungsmethoden vor.

Die folgende Infografik bietet eine aggregierte Darstellung der zentralen Aussagen.

Der Prozess der Ausschreibung läuft dabei – ähnlich eines Fließbands – durch unterschiedliche Stationen, an denen Entscheidungen getroffen werden müssen. Angefangen bei der Meldung des Bedarfs muss die Vergabestelle im Rahmen der Gestaltung der Ausschreibung(en) jeweils über die richtige Wertungsmethode entscheiden. Über den Vergabemarktplatz reichen Bieter anschließend Angebote ein, die über den Marktplatz direkt in das Vergabemanagementsystem übermittelt werden. Im Anschluss an die dort erfolgende Angebotsöffnung und -wertung wird letzten Endes der Vertragsschluss mit dem bezuschlagten Bieter vorgenommen.

Der Fokus dieser Infografik liegt auf der Wahl der passenden Wertungsmethode. Zusammenfassend lässt sich dabei angeben, dass der günstigste Preis ausschließlich bei der Wertung von hinreichend beschriebenen und vergleichbaren Leistungen sinnvoll angewandt werden kann, bei denen Qualitätsunterschiede keine Rolle mehr spielen. Werden auch Leistungskriterien in die Wertung einbezogen, hängt die Entscheidung vor allem davon ab, ob die Vergabestelle in der Lage ist, sinnvolle Gewichtungen selbst vorzugeben. Ist dies der Fall, kann auf Preis-Kriterien-Gewichtungen zurückgegriffen werden. Zumeist werden dabei der Preis und/oder die Leistungskennzahl noch im Verhältnis zur bestmöglichen Ausprägung über alle Angebote betrachtet. Ist eine Gewichtungsangabe zwischen Preis und Leistung nicht möglich oder nicht gewünscht, bieten sich die Methoden aus der Klasse der Richtwerte an. Gleiches gilt, wenn es nicht möglich ist, die Kriterienausprägungen (Leistungskriterien oder Preis) jeweils ins Verhältnis zur bestmöglichen Ausprägung (oder ersatzweise hinzugezogenen Referenzwerten) zu setzen.

Zu beachten ist, dass die Entscheidung für eine bestimmte Methode hierbei nicht nur von den internen Gegebenheiten der Vergabestelle abhängt (also z.B. von der Möglichkeit, Gewichtungen für Preis/Leistung anzugeben), sondern zusätzlich auch von den externen Charakteristika der jeweiligen Ausschreibung bzw. ihrer Beschaffenheit, die die Vergabestelle bei der Gestaltung der Vergabe so gut wie möglich abschätzen sollte.

Je unbekannter das erwartete Preisniveau grundsätzlich ist und je niedriger die erwartete Preisspanne zwischen den verschiedenen Angeboten ausfällt, desto eher eignen sich komplexere Wertungsmethoden und desto weniger ist der Preis als (alleiniges) Wertungskriterium geeignet. Gleiches gilt für die erwartete Zahl der Bieter bzw. Angebote. Je niedriger die Zahl der erwarteten Bieter ist, desto weniger repräsentativ bzw. desto weniger geeignet sind Wertungsmethoden, die nur mit dem Preis arbeiten oder angebotsübergreifende Vergleiche ziehen, also Preis und Leistung im Rahmen von Preis-Kriterien-Gewichtungen jeweils in Bezug zur besten Ausprägung aus der Gesamtheit der eingegangenen Angebote setzen.

Generell steigt die Komplexität der Methode, die Anwendung finden sollte, je unbekannter der Vergabestelle Leistungsniveau und Marktgegebenheiten sind, da komplexere Methoden eher dazu beitragen, subjektive Einflüsse durch den Anwender außen vor zu lassen. Durch die Methoden werden dann z.B. Gewichte oder Referenzwerte „automatisch“ ermittelt, was aus methodischer Sicht auf der einen Seite die Komplexität und den Aufwand erhöht, auf der anderen Seite aber bei nicht (vollständig) bekannten Ausschreibungsgegebenheiten zu valideren Ergebnissen führt.

Von Praktikern, für Praktiker: Die cosinex Akademie

Es existiert eine Reihe weiterer Faktoren, die Aufschluss darüber geben, welche Wertungsmethode die geeignetste ist und die – bildlich gesprochen – das ein oder andere Wertungsmethodenband bzw. den ein oder anderen Weg der Wertung ungeeignet erscheinen lassen. Beispielsweise schließen bestimmte Vergabeverfahren wie die Verhandlungsvergabe mit mehreren Teilnahmerunden faktisch eine ausschließliche Wertung nach dem Preis von Angeboten aus. Zudem können auch vergaberechtliche Aspekte eine Rolle spielen und dazu führen, dass bestimmte Wertungsverfahren ungeeignet sind. Regelmäßig verbietet sich auch eine Bewertung nur nach dem Preis, wenn im wesentlichen Umfang Kreativleistungen Teil der Ausschreibung sind.

Vergegenwärtigen muss sich die Vergabestelle auch, dass umgekehrt Bieter ebenfalls stark darauf achten, auf welchem „Wertungsmethodenband“ ihr Angebot den Prozess der Ausschreibung durchlaufen wird und mindestens ihr Angebot daraufhin ausrichten teilweise aber auch ihre grundsätzliche Teilnahme an dem Vergabeverfahren davon abhängig machen.

Der Prozess der Auswahl der „Spielregeln“, nach denen die Ausschreibungen gewertet werden, hat damit in jedem Fall weitreichende Auswirkungen auf das Bieterverhalten und den weiteren Vergabeprozess sowie auf den Erfolg des Beschaffungsziels.

Neue Fortbildung zu Wertungsmethoden in der cosinex Akademie

Mit der Auswahl der richtigen Wertungsmethode zur passgenauen Wertung von Angeboten setzt sich auch eine neue Fortbildung der cosinex Akademie auseinander, wobei darin auch alle im Vergabemanagementsystem enthaltenen Wertungsmethoden für jeden verständlich vorgestellt und hinsichtlich ihrer Einsatzmöglichkeiten besprochen werden.

Nähere Informationen zu der Veranstaltung und Anmeldemöglichkeiten finden Sie unter diesem Link.

Bildquelle: DDRockstar – fotolia.de