Müllabfuhr bei der Arbeit

Der Wettbewerb bei Sammlung und Transport von Haushaltsabfällen hat seit 2006 abgenommen: Einer sinkenden Anzahl von Bietern und Geboten stehen deutliche Preissteigerungen gegenüber. Zu diesem Ergebnis kommt das Bundeskartellamt in einer Sektoruntersuchung zur Erfassung von Haushaltsabfällen.

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Update: Das Bundeskartellamt hat am 19. Januar eine Sektoruntersuchung im Entsorgungsbereich eingeleitet. Gegenstand sei die Prüfung, ob die Rethmann-Gruppe verpflichtet werden könne, künftig auch Übernahmen kleiner Unternehmen der Behörde zur Prüfung vorlegen zu müssen. Näheres dazu am Schluss dieses Beitrags.

Die Entsorgungsmärkte haben eine enorme wirtschaftliche Bedeutung. So erzielte die gesamte Entsorgungswirtschaft 1 2019 einen Umsatz in Höhe von 39,5 Mrd. Euro (2009 18,4 Mrd. Euro)2.

Angesichts dessen, aber auch veranlasst durch Beschwerden von Betreibern dualer Systeme und von öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern hat das Bundeskartellamt eine umfangreiche Sektoruntersuchung zur Erfassung von Haushaltsabfällen durchgeführt. Der rund 150seitige Abschlussbericht liegt nun vor.

Gegenstand der Sektoruntersuchung waren die Sammlung und der Transport

  1. von Verpackungsabfällen privater Haushalte (Altglas und Leichtverpackungen) sowie
  2. von kommunalen Haushaltsabfällen, insbesondere Rest- und Biomüll, Papiertonne und Sperrmüll.

Preissteigerungen von rund 25 Prozent

Die Sektoruntersuchung konstatiert eine regional teils starke Konzentration der Märkte bei der Sammlung und beim Transport von Verpackungsabfällen und Altglas. Preise für die Erfassung von Verpackungsabfällen lagen zwischen 2006 und 2011 etwa auf einem gleichbleibenden Niveau, für Glas teilweise sogar unter den Werten von 2006. Ab 2012 sind die Preise bis 2018 inflationsbereinigt um ca. ein Viertel gestiegen.

Weniger Bieter, weniger Wechsel des Auftragnehmers

Bei Ausschreibungen der Rücknahme von Altglas- und Leichtverpackungen (LVP) ist die Anzahl der bietenden Unternehmen insgesamt sowie die durchschnittliche Zahl der Bieter je Ausschreibung rückläufig: von vier bis fünf Bietern in 2006 auf zwei bis drei Bieter in 2018.

Anzahl Bieter und durchschnittliche Anzahl an Geboten in Glas-Ausschreibungen. Quelle: Bundeskartellamt
Anzahl Bieter und durchschnittliche Anzahl an Geboten für LVP-Ausschreibungen im Zeitablauf. Quelle: Bundeskartellamt

Seltener geworden sei zudem der Wechsel des Auftragnehmers nach Ausschreibungen: Der Anteil von Ausschreibungen mit neuen Vertragsnehmern lag in der ersten Hälfte des Beobachtungszeitraum zwischen 40 und 70 Prozent und ist ab 2012 auf Werte zwischen 20 und 40 Prozent gesunken.

Anteil der Ausschreibungen mit neuen Vertragsnehmern bei Altglas-Ausschreibungen. Quelle: Bundeskartellamt
Anteil der Ausschreibungen mit neuen Vertragsnehmern bei Altglas-Ausschreibungen

Preisdämpfender Effekt öffentlicher Ausschreibungen kommt nicht zum Tragen

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt das Bundeskartellamt bei Sammlung und Transport von kommunalen Haushaltsabfällen: 2006 erhielten noch fast 70 Prozent dieser Ausschreibungen mehr als drei Gebote von Entsorgungsunternehmen, 2018 war der Anteil von Ausschreibungen mit mehr als drei Geboten auf 30 Prozent zurückgegangen.

Zudem sei der Wettbewerb in diesem Bereich vornherein dadurch eingeschränkt, dass lediglich rund die Hälfte der Leistungen öffentlich ausgeschrieben wird. Die andere Hälfte wird von den Kommunen und Landkreisen selbst oder im Rahmen verschiedener Formen kommunaler Kooperation erbracht, so dass diese Leistungen dem Wettbewerb entzogen sind. Damit kommt der preisdämpfende Effekt öffentlicher Ausschreibungen hier nicht zum Tragen.

Die Folge: Höhere Produktpreise und Abfallgebühren

Für die Verbraucherinnen und Verbraucher bedeutet das: es kann teuer werden“, kommentiert Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, die Befunde der Sektoruntersuchung. Denn: „Für steigende Kosten auf Entsorgungsmärkten kommen dagegen letztlich die Verbraucherinnen und Verbraucher in Form von höheren Produktpreisen oder Abfallgebühren auf.“

Das Bundeskartellamt werde die Marktentwicklung im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten im Blick behalten und wenn nötig einschreiten. Das ist zuletzt im Fall der untersagten Übernahme des dualen Systems DSD – Duales System Holding GmbH & Co. KG – durch die REMONDIS SE & Co. KG im Jahre 2019 geschehen.

Viele Übernahmen kleinerer Entsorgungsunternehmen unterliegen jedoch derzeit noch nicht der Fusionskontrolle durch das Bundeskartellamt, da die Zielunternehmen oft nicht die für eine behördliche Kontrolle gesetzlich vorgegebenen Mindestumsätze erzielen.

Bundeskartellamt prüft Voraussetzungen für erweiterte Anmeldepflicht für künftige Übernahmen

Am 19. Januar 2022 gab das Bundeskartellamt bekannt, im Entsorgungsbereich eine weitere Sektoruntersuchung einzuleiten. Die Untersuchung soll die bereits vorliegenden Erkenntnisse des Amtes sowie Ermittlungen aus verschiedenen Zusammenschlussvorhaben der letzten Jahre in Teilen aktualisieren und bezüglich der Voraussetzungen des § 39a GWB konkretisieren.

Die bisherigen Erkenntnisse zeigen, dass vor allem bei der Erfassung verschiedener Sorten von Haushaltsabfällen sowie der Aufbereitung von haushaltsnahen Verpackungen aus Glas die Rethmann-Gruppe bundesweit mit weitem Abstand vor ihren jeweiligen Wettbewerbern zu den marktführenden Anbietern gehört. Insbesondere bei der Erfassung von Haushaltsabfällen hat die Anzahl der Wettbewerber in den Jahren 2014 bis 2018 kontinuierlich abgenommen. In diesem Zeitraum ist es keinem Wettbewerber gelungen, den Abstand zum Marktführer in nennenswertem Umfang aufzuholen.

» Den Abschlussbericht der SektoruntersuchungErfassung von Haushaltsabfällen“ herunterladen (PDF, 143 Seiten, 6,3 MB)

Bildquelle: Kzenon – Adobe Stock

Fussnoten

  1. Sammlung von Abfällen, Abfallbehandlung und -beseitigung, Rückgewinnung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen und sonstige Entsorgung
  2. Quelle: Statista